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K.Otte Die Entwicklung des europaischen Transportrecht: I. Einleitung.............................................................................................................................22 II. Die Ausgangslage (staatliche Märkte, Untätigkeitsklage)....................................................23 III. Das Paradigma des freien Wettbewerbs............................................................................24 1. Die grundsätzliche Öffnung der nationalen Märkte für private Verkehrsdiensie aus anderen EU-Slaaten................................................................................ 24 2, Optimierung des Wettbewerbs auf den geöffneten nationalen, aber knappen Märkten für Verkehrsdienste.......................................................................................................................25 a) Der Wettbewerb um Zugang zur Infrastruktur....................................................................26 b) Der Wettbewerb in der jeweiligen Infrastruktur..................................................................27 c) Der Wettbewerb um die Infrastruktur................................................................................ 29 d) Der Wettbewerb zwischen den Infrastrukturen (Belastungsproblematik) ..........................30 IV. Der europäische Verkehrsregelungsanspruch.....................................................................31 1. "Opån Skies"-Urteile des EuGH.............................................................................................31 2. Binnenschifffahrtsrecht........................................................................................................35 V. Weitere Paradigmen.............................................................................................................34 VI. Halbzeitbencht und Neuorientierung...................................................................................35 VII. Ausblick I. EINLEITUNG Magnifizenz, Frau Rektorin, sehr geehrte Kollegen Professoren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Gestatten Sie mir eine kurze Vorrede. Zunächst möchte ich mich für Ihre Einladung nach Odessa sehr bedanken. Die Ukraine ist geographisch Bestandteil Europas und 2008 auch unmittelbar Nachbarland der Europäischen Union (EU). Positive bilaterale Beziehungen zwischen unseren Ländern reichen weit zurück. Erster Handel und Kirchenkontakte vor 1000 Jahren, erste aktive Entwicklung auf den Gebieten Bildung und Kultur im 16. bis 18 Jahrhundert bis hin zu wechselseitigen hochrangigen Regierungskonsultationen und bilateralen ukrainisch-deutschen Arbeitsgruppen in jüngster Zeit stellen insgesamt eine Kette punktueller, aber stets wiederkehrender und zuletzt sich stark intensivierender Verbindungen dar. Andererseits bestehen Beziehungen Ihres Landes zu Russland. Auch das ist für Deutschland interessant. Heute wird das Verhältnis zwischen der Ukraine und Deutschland natürlich verstärkt unter europäischen Vorzeichen definiert. Ein Partnerschaft — und Kooperationsabkommen von 1998 und die vom Europäischen Rat Ende 1999 in Helsinki verabschiedete "Gemeinsame Strategie EU-Ukraine" stellen die Beziehungen der Ukraine zur EU auf eine neue Grundlage. Das von der EU-Komijrission im März 2003 vorgelegte und von den EU-Mitgliedstaaten gebilligte Konzept für eine "Europäische Nachbarschaftspolitik" hat eine verstärkte Zusammenarbeit mit den EU-Nachbarstaaten zum Ziel, die "durch "Aktionspläne" konkretisiert wird. Im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit soll den EU-Nachbarstaaten und ausgewählten Drittstaaten zunächst langfristig eine Beteiligung am EU-Binnenmarkt und an einigen Gemeinschaftsprogrammen eröffnet werden. Was bewirkt nun die Kooperation mit der EU? Der europäische "Aktionsplan" mit der Ukraine vom Dezember 2004 nennt unter anderem die schrittweise Angleichung ukrainischer Gesetze, Normen und Standards an EU-Recht. Das klingt nach einer sehr weitgehenden Annäherung, die zumindest langfristig sogar Hoffnung auf weitere politische Schritte macht. Doch was bewirkt. Rechtsangleichung? Das europäische Rechtssetzungsprogramm ist gewaltig und erfasst nahezu alle Wirtschaftsbereiche und viele Lebensbereiche. Ziel ist zunächst die Schaffung gleicher und gesamtgesellschaftlich und ökologisch optimaler Wirtschaftsbedingungen in einem europäischen "Binnenmarkt". Dessen Sinn ist bestmögliche Entwicklung von Wirtschaftskraft und gesellschaftlicher Kohärenz. Sie wiederum sind Grundbausteine für politische Stabilität und dauerhaften Frieden zwischen den durch kriegerische Auseinandersetzungen vormals so zerrissenen Gesellschaften. Voraussetzung für den Binnenmarkt ist die Verwirklichung der EG-vertraglich festgelegten sogenannten "Grundfreiheiten" des freien grenzüberschreitenden Personenverkehrs, des Warenverkehrs, des Dienstleistungsverkehrs und des Kapitalverkehrs. Mit dieser weitausholenden Betrachtung nähern wir uns dem Vortragsthema. Denn Rückgrat des grenzüberschreitenden Wirtschaftens ist eine funktionierende Transportwirtschaft. Behinderungen des grenzüberschreitenden Verkehrs sind Verletzungen des EG-Vertrages. Transport und Verkehr betreffen Personenverkehr, Warenverkehr und Dienstleistungsverkehr. Hieraus leitet die EU ihre Rechtssetzungskompetenz für das Verkehrswirtschaftsrecht ab. Die Reform der staatlichen Verkehrsmärkte und die Herausbildung eines europäischen Verkehrswirtschaftsrechts verdeutlichen eindrucksvoll Art und Weise des europäischen Einigungsprozesses. Daraus lassen sich Schlüsse ziehen für zukünftige kooperative Beziehungen zu den Nachbarstaaten der EU. Dagegen hat sich die EU im Bereich des materiellen Zivilrechts bisher zurückgehalten. Internationale Übereinkommen sind bindend; sie funktionieren; eine Angleichung der zum Teil recht verschiedenen nationalen Transportrechte ist bisher nur bei den Reformüberlegungen zu einem europäischen Vertragsrecht vorsichtig angedacht, das zur Zeit in der von der EU initiierten wissenschaftliche Diskussion ist. II. DIE AUSGANGSLAGE (staatliche Märkte, Untätigkeitsklage) Anfang der 80er Jahre verklagte das europäische Parlament den EU-Ministerrat wegen gesetzgeberischer Untätigkeit auf dem Verkehrssektor. Im EG-Vertrag befinden immerhin 10 Artikel zum Verkehr. 1985 gab der Europäische Gerichtshof dieser Klage statt. Der Europäischen Gemeinschaft wurde aufgegeben, innerhalb eines angemessenen Zeitraumes die Bedingungen für die Zulassung und Betätigung von Verkehrsunternehmen zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaates der EU, in dem sie selbst nicht ansässig waren, einheitlich festzulegen und Diskriminierungen zu beseitigen. In der Folgezeit wurden für den Luft-, Straßen, Schiffs- und Eisenbahnverkehr (= "die Verkehrsträger") betreffende und verkehrsträgerübergreifende Rechtsakte erlassen. Mit allen diesen Rechtsakten verfolgte die EU die nächsten 15 Jahre zunächst gleichförmig zwei Zwecke. Sie bezwecken eine Öffnung der einzelstaatlichen Verkehrswegenetze für Transportunternehmen der anderen EU-Staaten. Diese Öffnung geschieht auf zwei Wegen: — durch Liberalisierung der einzelstaatlichen Verkehrsmarkte, d.h. Gewährung des Marktzugangs zu Luftverkehr, Straßenverkehr, Schienenverkehr, Schiffsverkehr) im Sinne einer wechselseitigen Öffnung für alle europäischen Verkehrsunternehmen, — und durch europaweite Vereinheitlichung (Harmonisierung) der auf den nationalen Verkehrsmärkten geltenden Wettbewerbsbedingungen, d. h. der Optimierung des Wettbewerbs auf den nationalen Verkehrsmärkten, und zwar sowohl in als auch zwischen den Verkehrsinfrastrukturen Sowohl zwischen Anbietern von gleichen Verkehrsdiensten als auch zwischen Anbietern von verschiedenen Verkehrsdiensten soll allein Wettbewerb als das beherrschende Ordnungsprinzip gelten. Das klare Denkmuster lautete: Freiheit für alle schafft Effektivität. Effektivität schafft Wohlstand für alle. Dabei gibt es zahlreiche Fußangeln. III. DAS PARADIGMA DES FREIEN WETTBEWERBS 1. Die grundsätzliche Öffnung der nationalen Märkte für private Verkehrsdienste aus anderen EU-Staaten Liberalisierung der nationalen Verkehrsmärkte bedeutet Abbau staatlicher Marktzugangsschranken. National geprägte Verkehrsmarkte sind für sämtliche Verkehrsunternehmen der Gemeinschaft zu öffnen. Das kostet die EU-Staaten bis heute vereinzelt schon einige Überwindung. Daher ist das Tempo dieser Liberalisierung in den einzelnen Verkehrsträgern verschieden. Eine Vorreiterrolle der Liberalisierung hat — sogar lange vor Gründung der EU — die Binnenschifffahrt mit der Schifffahrtsfreiheit — auf dem Rhein für Schiffe der Rheinanliegerstaaten durch die Mannheimer Akte von 1868 und auf der Donau durch die Belgrader Akte 1949. Die Einkleidung als Staatsverträge führt heute zu Reibereien mit dem ausgreifenden Regelungsanspruch der EU, die das Binnenschifffahrtsregime gerne dem EU-Recht unterordnen möchte — wie dies bei anderen Verkehrsträgern bereits der Fall ist. Darauf werde ich noch zurückkommen. Unter Federführung der EU wurde am frühesten der Zugang zum Luftverkehr und zum Straßenverkehr liberalisiert. Kennzeichnend ist dabei zunächst die grenzüberschreitende Zugangsgewährung durch eine sogenannte Gemeinschaftslizenz. Die Erlaubnis zur Ausführung rein innerstaatlicher Transporte durch Auslandsunternehmen (sog. Kabotage) erfolgte etwas spater, nämlich im Binnenschiffsverkehr 1992, im Luftverkehr 1997 und im Straßentransport 1998. Hierin zeigt sich, dass Verkehrspolitik lange auch dem Schutz der heimischen Märkte diente. Der Eisenbahnverkehr hingegen war seiner ursprunglichen Struktur und Zielsetzung nach nicht für Beförderungstätigkeiten auf fremden Infrastrukturen konzipiert. Hier folgte die wechselseitige Öffnung durch mehrere Gesetzgebungspakete, die zunächst die wirtschaftliche Trennung von Netz und Betrieb vorsahen und den Zugangsanspruch für ausländische Eisenbahnunternehmen in gestaffelter Form vorsehen: für den Güterverkehr auf bestimmten Trassen, dann auf dem gesamten Netz; erst grenzüberschreitend, später dann auch in Form der Kabotage; erst der Güterverkehr, dann der Personenverkehr. Diese Staffelung reicht weit bis in die nächsten Jahre. Im Bereich der subjektiven Voraussetzungen des Marktzugangs (Berufszulassung; Ausbildungsvoraussetzungen; Prüfungsrecht; Anerkennung von Berufsabschlussen) zeichnet sich das Gemeinschaftsrecht durch eher allgemein gehaltene Vorgaben aus, deren Konkretisierung im Einzelnen dem mitgliedstaatlichen Recht überlassen bleibt. Hier geht es also etwas langsamer voran. Auch hier sind die Eisenbahnen wegen ihrer unterschiedlichen technischen Systeme das Schlusslicht. Bisher wird das Zugpersonal an der Grenze vollständig ausgewechselt; Züge müssen dort auf freie Trassen warten. 2. Optimierung des Wettbewerbs auf den geöffneten nationalen, aber knappen Märkten für Verkehrsdienste Liberalisierung meint aber nur die prinzipielle Öffnung der nationalen Verkehrsmärkte für ausländische Verkehrsunternehmen. Mit ihrer Verwirklichung ist noch keine Aussage getroffen über die Zugänglichkeit der Wegenetze und Infrastrukturen auf den nationalen Märkten für alle Wettbewerber in jedem Einzelfall. Mit der fortschreitenden Öffnung der Verkehrswege werden deren Kapazitätsgrenzen im Luftraum, auf Flughäfen, in Häfen und auf Schienenwegen immer deutlicher sichtbar. Die Frage nach entsprechender Wettbewerbsoptimierung auf den grundsätzlich liberalisierten nationalen Verkehrsmärkten stellt sich daher unter drei weiteren Gesichtspunkten: — Notwendig ist Wettbewerb um Zugang zu Verkehrsinfrastrukturen. — Nach gewährtem Zugang ist Wettbewerb notwendig in Verkehrsinfrastrukturen, — Notwendig ist Wettbewerb zwischen verschiedenen Verkehrsinfrastrukturen. a) Der Wettbewerb um Zugang zur Infrastruktur Die damit verbundenen Probleme sind insbesondere im Luftverkehr bekannt, wo sie bei der Zuteilung von Start — und Landezeiten — sog. Zeitnischen oder "slots" — auf den Flughäfen der Gemeinschaft gelöst werden müssen. Insofern finden sich im Europarecht Vorschriften, die die Zuteilung der Verkehrsinfrastrukturen an die im Wettbewerb stehenden Verkehrsunternehmen regeln. Mechanismen der Konfliktregelung werden für die Fälle nötig, in denen die Kapazität des jeweiligen Netzes die Nachfrage auf bestimmten Strecken für bestimmte Zeiten nicht decken kann. Prioritäts- und Verteilungsentscheidungen müssen getroffen werden. Der für den überlasteten Flughafen zuständige Mitgliedstaat ernennt dazu eine natürliche oder juristische Person mit genauen Kenntnissen auf dem Gebiet der Flugplankoordinierung von Luftfahrtunternehmen zum Flughafenkoordinator, der die Zuweisung der Zeitnischen übernimmt und deren Nutzung überwacht. Eine der Hauptschwierigkeiten im gegenwärtigen System der Zuweisung von Zeitnischen ist es, auf überlasteten Flughäfen die Interessen der etablierten Luftfahrtunternehmen gerecht gegen die Interessen neu in den Markt eintretender Unternehmen abzuwägen. Sichtbar wird ein Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen der Inhaber alter Rechte (etablierte Fluggesellschaften) und der Gewährung von Marktzutrittsmöglichkeiten für "Newcomer". Etablierte Luftfahrtunternehmen haben ihre Stellung an einem Flughafen bereits gefestigt und sind daran interessiert, sie weiter auszubauen. Neue Luftfahrtunternehmen müssen hingegen in der Lage sein, ihren Betrieb aufzunehmen, kleinere müssen ihre Dienstleistungen erweitern können. EG-Recht sieht daher die Einrichtung eines Pools vor, der neu geschaffene, ungenutzte sowie solche Zeitnischen enthalt, die ein Luftfahrtunternehmen aufgegeben hat oder die auf andere Weise verfügbar geworden sind. Nicht genutzte Zeitnischen werden eingezogen und in den entsprechenden Zeitnischenpool eingebracht, es sei denn, die Nichtnutzung wird mit einem Startverbot für einen Luftfahrzeugtyp oder der Sperrung eines Flughafens oder Luftraums oder sonstigen außergewöhnlichen Umständen begründet. Die in den Pool eingebrachten Zeitnischen werden auf antragstellende Luftfahrtunternehmen aufgeteilt. 50 v. H. dieser Zeitnischen im Pool stehen Neubewerbern zur Verfügung, es sei denn, die Anträge der Neubewerber belaufen sich auf weniger als 50 v. H.. Zugleich wird ein Schutzmechanismus eingeführt, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Luftfahrtunternehmen zu vermeiden. Zeitnischen können zwischen Luftfahrtunternehmen frei ausgetauscht werden; Slothandel ist wegen der Marktmacht etablierter Gesellschaften aber verboten. Zur Stärkung des Wettbewerbs sollen marktorientierte Zuteilungsprinzipien eingeführt werden — angedacht sind vor allem Auktions- und Lotteriemodelle, jeweils mit oder ohne nachgeschaltetem Slothandel. Hier sind die Dinge noch in der Entwicklung. Die Slot-Problematik kehrt wieder im liberalisierten Eisenbahnverkehr. Eine eigens gegründete Bundesnetzagentur überwacht in Deutschland die diskriminierungsfreie Zuteilung von slots durch die Netzgesellschaft und entscheidet Streitigkeiten. Streitschlichtung hat Vorrang. Bei unlösbaren Konflikten um die gleiche Bahntrasse entscheidet das höchste Preisgebot. Trotz der Umsetzung der Eisenbahnliberalisierung in den EU-Mitgliedsstaaten ist der Zugang nicht in allen Staaten gleich diskriminierungsfrei ausgestaltet. Jedenfalls wird dies von deutscher Seite etwa für den Zugang zum französischen Netz beklagt. b) Der Wettbewerb in der jeweiligen Infrastruktur Das Niederreißen der Binnengrenzen kann schließlich nur dann zu einem freien Verkehrsraum führen, wenn nationale Rahmenbedingungen, unter denen die Verkehrsträger tätig sein dürfen, angeglichen oder zumindest spürbar angenähert werden. Verschiedenes Recht verursacht Wettbewerbsverzerrungen. Die EU erstrebt daher innerhalb der jeweiligen Verkehrsträger insbesondere die Harmonisierung von Sicherheits-, Umweltschutz-, Sozialschutz- und Verbraucherschutzbestimmungen. Die Preisgestaltung ist im Gütertransportsektor freigegeben. Hinzu kommen noch Steuer- und abgabenrechtliche Harmonisierungsvorgaben im Gemeinschaftsrecht. Wichtig ist die Interoperabilität der Systeme, im Luftverkehr etwa hinsichtlich der Luftraumüberwachung. Die Kollision eines Passagierflugzeuges der Bashkirian Airlines mit einem deutschen Frachtflugzeug über deutschen Hoheitsgebiet am l. Juli 2002 zeigt deutlich das Bedürfnis nach einheitlicher und geregelter Luftüberwachung. Deutschland konnte sich vor Gericht zuletzt nicht darauf berufen, die Verantwortung für die Luftüberwachung über eigenem Gebiet völkerrechtlich wirksam in die Hände einer schweizerischen Gesellschaft gelegt zu haben, und wurde vor kurzer Zeit zur Leistung von Schadenersatz verurteilt. Auffällig ist in Europa die national zersplitterte Luftraumüberwachung. Bereits im Jahr 2004 erging ein Gesetzespaket der EU zur Festlegung des Rahmens für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums (single sky). Beabsichtigt ist damit die Erhöhung der Sicherheit und die Umstrukturierung des Luftraums nach Maßgabe des Verkehrs und nicht der nationalen Grenzen. Ungehinderter Verkehr in einem einheitlichen europäischen Luftraum ohne Binnengrenzen und dabei ein Höchstmaß an Flugsicherheit soll durch Schaffung eines einheitlichen Europäischen Fluginformationsgebiets (EUIR) für den oberen Luftraum ab 8.700 m, der unter anderem für den Überflug genutzt wird, ermöglicht werden. Dieser Raum soll in grenzübergreifende funktionale Flugsicherungssektoren umstrukturiert werden, was eine effizientere Nutzung sowohl des Luftraumes, als auch der Systeme und des Personals gestattet. Durch die Festlegung solcher funktionalen Luftraumblöcke soll vor allem eine Minimierung der Flug-Übergabevorgänge zwischen verschiedenen Bezirkskontrollstellen und Kohärenz zwischen den Strukturen des oberen und unteren Luftraums erreicht werden. Die Unterteilung des unteren, für den Anflug von Flughäfen genutzten Luftraum, anhand der Land- und Seegrenzen soll erhalten bleiben. Gleichzeitig soll ein europäischer Rahmen für die Anfänge von Wettbewerb bei privatisierten Flugsicherungsdiensten geschaffen werden. Dadurch soll eine optimierte Nutzung des europäischen Luftraums erreicht werden, die sich in Bezug auf Verspätungen und das Wachstum des Luftverkehrs positiv auswirkt. Eine weitere Verordnung über die Ordnung und Nutzung des Luftraums im einheitlichen europäischen Luftraum zielt auf Steigerung der Flugsicherungskapazität, Verbesserung der Sicherheit, Abbau der Zersplitterung der Flugsicherung und der damit verbundenen Inkonsistenzen, bessere Integration des militärischen Bereichs in die Organisation der Flugsicherung und Förderung der Einführung neuer Technologien. Interoperabilität der verschiedenen Flugverkehrsmanagementsysteme soll durch Vereinheitlichung technischer Spezifikationen und Zertifizierung von Komponenten und Systemen ermöglicht werden. Auch hier hinkt die Eisenbahn hinterer. Unterschiedliche Spurbreiten, Stromsysteme und Signalsystem erfordern im grenzüberscheitenden Verkehr heute technisch aufwendige Fahrzeuge Material und — im Hochgeschwindigkeitsverkehr - angepasste Trassen und Signalsysteme. Der Änderungsbedarf im erdverbundenen Schienennetz ist hier größer. Die rechtlichen Vorgaben der Europäischen Union zur Harmonisierung des Sozial-, Umwelt- und Abgabenrechts können auch heute noch in vielen Bereichen lediglich als punktuell bezeichnet werden. Die bisher allein zu verzeichnende rechtliche Festsetzung von recht tief angesetzten Mindestsätzen bei der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer verwirklicht — angesichts der nach oben offenen Skala für Steuererhöhungen — nur begrenzt eine spürbare Angleichung steuerlicher Wettbewerbsbedingungen im Verkehr. Der geringere Harmonisierungseffekt solcher Vorschriften wird zusätzlich durch die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit zum Erlass von Ausnahmeregelungen wieder in Frage gestellt. Der Abbau von Wettbewerb s Verzerrungen hangt auch von der Umsetzung der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts auf mitgliedstaatlicher Ebene ab. Die oft nur punktuellen und lediglich Mindeststandards vorschreibenden europäischen Vorgaben bieten erheblichen Spielraum für unterschiedliche nationale Politiken und Interessenverfolgung. So können Schwachstellen im europäischen Regelwerk etwa in bezug auf den besonders aktuellen Bereich der Anlastung von Verkehrswegekosten innerhalb einer Verkehrsinfrastruktur aufgedeckt werden, deren europaweite Angleichung angesichts der Vielzahl unterschiedlicher, die Effizienz des europäischen Verkehrssystems insgesamt untergrabender Anlastungssysteme noch nicht zufriedenstellend bewältigt ist. So gibt es beispielsweise im Bereich des europäischen Straßengüterverkehrs derzeit eine Aufsplitterung in ein Europa der Mautgebühren, bei dem die Benutzer für Fahrten auf mautpflichtigen Autobahnen zu zahlen haben, in ein Europa der Eurovignette, die für Lkw auf dem gesamten Straßennetz und in der Regel für ein ganzes Jahr zu zahlen ist, und in ein Europa, in dem überhaupt keine Gebühren zu zahlen sind. Ebenso bestehen beispielsweise gegenwärtig allein für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur europaweit neun verschiedene Entgeltsysteme, deren Kostendeckungsgrad zwischen 0 und 100% variiert. Schließlich muß berücksichtigt werden, dass sich Wettbewerbsbedingungen immer wieder verändernden Gegebenheiten — wie beispielsweise den Entwicklungen der Technik oder neuen Erkenntnissen im Umweltbereich — anpassen müssen. Das macht ständige Aufsicht über die nationale Umsetzung und Einhaltung der europäischen Harmonisierungsvorgaben notwendig. c) Der Wettbewerb um die Infrastruktur Zuweilen gibt es Wettbewerb um ganze Verkehrsmärkte: Die Gestellung regionaler Verkehre kann der Staat an Private vergeben. Er zahlt staatliche Mittel als Entgelt. Das funktioniert für regionale Eisenbahnverkehre zwischen den Städten. Viele regionale straßengebundenen Verkehre im Stadtverkehr (Bus, Straßenbahn) hingegen sind defizitär. Für den unrentablen Teil der Leistung sind diese Mittel gleichsam Zuschüsse. Sinnvoll können die Verkehre aber nur von einem Unternehmen erbracht werden. Dies gilt für den regionalen Schienen- und Straßenpersonenverkehr. Weil die Verkehre vom staatlichen Auftraggeber bezahlt werden, herrscht um sie Wettbewerb. Bei der Zuteilung von Netzinfrastrukturen an Bewerber kommt es nun zum Konflikt zwischen freiem Wettbewerb einerseits und der Sicherung ausreichender und flachendeckender Verkehrsangebote andererseits. Träger der Verkehrsaufgabe ist der Staat. Umstritten ist, ob der Staat den Auftrag zur Verkehrsleistung frei vergeben darf (hiervon profitieren in der Regel alteingesessene Unternehmen) oder ob er sie europaweit ausschreiben muss und ob — wenn es um defizitäre Verkehre geht — seine staatliche Ausgleichzahlungen sogar verbotene Beihilfen sind. Die EU-Kommission verfolgte in ihren Verordnungsentwürfen lange den Weg totaler Ausschreibungspflicht, denn hier geht es um sehr viel Geld. Das brachte erhebliche Unruhe in die Städte und Kommunen, die städtische Verkehre selbst betrieben und durch Einkünfte aus der Energiewirtschaft querfinanzierten. Sie fürchteten die Übernahme dieser Versorgungsaufgabe durch ausländische Unternehmen. Nach zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen und zähen Verhandlungen im Ministerrat der EU ergibt sich in diesen Bereichen nun folgendes Bild: Direkte Vergabe von regionalen Eisenbahnleistungen ohne Ausschreibung ist möglich, wenn ein Teil der vergebenen Verkehre nach mehreren Jahren in den Ausschreibungswettbewerb überfuhrt wird. Und regionale Straßenverkehrsleistungen müssen unterhalb bestimmter Auftragsvolumen gar nicht ausgeschrieben werden. Beihilfen sind zulässig, wenn sie von Beginn an transparent, nachvollziehbar und angemessen sind und nicht nachträglich zur Verlustdeckung dienen. Die strengen europäischen Vergaberegelungen werden hier sektoral durch großzügige Schwellenwerte, Übergangsfristen und Bestandsschutzüberlegungen verwässert und deuten auf einen möglichen Paradigmenwechsel hin zu einem kontrollierten Wettbewerb. Seither ist Ruhe in der Diskussion eingekehrt. d) Der Wettbewerb zwischen den Infrastrukturen (Belastungsproblematik) Mit den vorstehenden Ausführungen ist aber die Frage nach dem Optimierungspotential im Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern noch lange nicht beantwortet. Viele Unterschiede wirken verzerrend. Im Gegensatz zu Straße und Seltene ist die Binnenschifffahrt abgabenfrei. Die Einführung von Verkehrswegeentgelten in der Binnenschifffahrt wiederum ist problematisch, denn die Abgabenfreiheit garantierende Mannheimer Akte ist durch EU-Rechr nicht zu beseitigen, weil der Vertragsstaat Schweiz nicht in der EU ist. Eine verkehrsträgerübergreifende Einführung einheitlicher Wegekostenprinzipien von Nutzungsentgelten ist zwar EU-weit geplant, mit der Mannheimer Akte aber nicht abgestimmt. Hier lauern völkerrechtliche Probleme. Hinzu kommt, dass nicht geregelt ist, die erhobenen Nutzungsentgelte auch wieder für die gleiche Infrastruktur zu verwenden. Mautzahlende Straßentransporteure jedenfalls wenden sich gegen die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der konkurrierenden Verkehrsträger Eisenbahn und Binnenschiff (Einwand unzulässiger Quersubvention). Weitere Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern ergeben sich im Bereich des Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzes. Auffällig ist hier insbesondere die von Verkehrsträger zu Verkehrsträger sehr unterschiedliche Ausgestaltung von Verbraucherrechten. Während sich Luftfahrtunternehmen schon seit längerer Zeit im Falle der Nichtbeförderung von Fluggästen Ausgleichs- und Betreuungspflichten ausgesetzt sehen, deren Verschärfung zudem auf den Weg gebracht worden ist, hat die Diskussion über die Einführung von Fahrgastrechten im grenzüberschreitenden europäischen Eisenbahnverkehr gerade erst begonnen. Schließlich bestehen immer noch weitreichende Unterschiede im Steuerrecht sowie beim staatlichen Subventionierungsverhalten. Beklagt wird etwa die Steuerfreiheit von Flugbenzin. Die Deutsche Bahn hatte unlängst die EU-Kommission wegen der behaupteten steuerlichen Bevorzugung des Luftverkehrs verklagt, um eine beihilfenrechtliche Untersuchung der Steuerbefreiung von Flugbenzin in Deutschland zu erreichen. Sie verlor vor dem EuGH [1]. IV. DER EUROPÄISCHE VERKEHRSREGELUNGSANSPRUCH Das mehrere hundert Richtlinien und Verordnungen umfassende Rechtssetzungsprogramm verbindet die EU mittlerweile mit einem weitaus greifenden Anspruch auf Rechtssetzungskompetenz und Zuständigkeit. 1. "Open Skies" - Urteile des EuGH So wurde die Befugnis der EU-Mitgliedstaaten zum Abschluss bilateraler Luftverkehrs- Abkommen mit den USA zunehmend in Zweifel gezogen worden. Diese ermächtigen die Vereinigten Staaten, die Verkehrsrechte der von den Unterzeichnerstaaten bezeichneten Luftfahrtunternehmen zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken. Die europäischen Fluglinien durften danach nur von ihrem Heimatland aus die USA anfliegen (Nationalitätenklausel). In den sog. "Open Skies" - Urteilen des EuGH vom 5.11.2002 finden sich wesentliche Aussagen zu der ausschließlichen völkerrechtlichen Vertragsschlusskompetenz der Gemeinschaft. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss völkerrechtlicher Vertrage ergibt sich bereits aus dem EG-Vertrag selbst, sofern der Abschluss der völkerrechtlichen Vereinbarung durch die EU "erforderlich ist, um Ziele des EGV zu verwirklichen, die sich durch Aufstellung autonomer Regeln nicht erreichen lassen". Voraussetzung für eine ausschließliche Außenkompetenz der Gemeinschaft ist also, dass eine Situation gegeben ist, in der die aus den Bestimmungen des EG-Vertrages fließende interne Zuständigkeit der EU für Verkehrsfragen wirksam nur zugleich mit der entsprechenden Außenkompetenz ausgeübt werden kann. Außerdem begründet sich eine ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge darauf, dass die Gemeinschaft, sofern und soweit sie ein Politikfeld durch den Erlass sekundären Gemeinschaftsrechtes besetzt hat, damit zugleich eine ausschließliche Außenkompetenz erwirbt, die es den Mitgliedstaaten verwehrt, in diesem Bereich neue völkerrechtliche Verpflichtungen zu übernehmen. Mit dem Erlass des sekundären Gemeinschaftsrechtes tritt also eine umfassende Kompetenzsperre ein, wonach die Mitgliedstaaten nicht einmal mehr befugt sind, solche völkerrechtlichen Verpflichtungen einzugehen, die parallel zum Gemeinschaftsrecht verlaufen bzw. ausdrücklich die Vereinbarkeit mit dem betreffenden Gemeinschaftsrecht zur Voraussetzung haben. Die bilateralen Verträge sind daher von der EU selbst auszuhandeln oder, falls dies nicht geschieht, von den Mitgliedsstaaten in einem EU-freundlichen Sinne. 2. Binnenschifffahrtsrecht Ähnliche Kompetenzkonflikte konnte es im Binnenschifffahrtstrecht geben. Denn Deutschland hat zahlreiche bilaterale völkerrechtliche Verträge über die Schifffahrt auf den Binnenwasserstraßen geschlossen (mit Österreich, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakei, Polen, Bulgarien, Rumänien [Beitrittskandidaten zur Europäischen Union für das Jahr 2007] sowie mit der Ukraine und Georgien [keine Beitrittsstaaten]). Von der Struktur her ahnein sich die völkerrechtlichen Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit den vorgenannten Staaten sehr, zum Teil decken sie sich sogar im Wortlaut. Sie betreffen ursprünglich Relationen zu Nicht-EU-Staaten. Soweit sie nach Beitritt des betreffenden Staates zur EU dem europäischen Recht widersprechen, sind sie nicht mehr anzuwenden. In Kraft bleiben nur nicht marktbezogene technik- und sicherheitsbezogene Bestimmungen. Zu einer Kündigung dar Abkommen ist es von deutscher Seite bisher aber nicht gekommen Mit Urteil vom 14.7.2005 — C — 433/03 ist vom EuGH festgestellt worden, dass individuelle Aushandlung, Abschluss, Ratifikation und Inkraftsetzung der bilateralen Abkommen Deutschlands mit Rumänien, Polen und der Ukraine gegen Art. 10 EG und die Verordnung (EWG) Nr. 3921/91 und 1356/96/EG verstieß. Weil Deutschland es unterlassen hatte, mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten oder sich mit ihr abzustimmen. Mit dieser ein halbes Jahr vor dem Beitritt von Polen zur EU erhobenen Klage wollte die Kommission offenbar ihren Kompetenzanspruch unterstreichen. Zwar überträgt der Vertrag der Gemeinschaft nicht ausdrücklich eine Außenkompetenz auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt, aber die Artikel 71 Absatz l EG und 80 Absatz l EG sehen eine Handlungsbefugnis der Gemeinschaft auf diesem Gebiet vor. Bereits 1971 aber hatte der EuGH (im Urteil AETR — Rz. 16, 18, 22) entschieden, dass sich die Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss völkerrechtlicher Übereinkommen nicht nur aus einer ausdrücklichen Erteilung durch den Vertrag ergibt, sondern auch aus anderen Vertragsbestimmungen und aus in ihrem Rahmen ergangenen Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane fließen kann. Komplizierter liegen die Dinge bei den Flußregimen auf Rhein und Donau. Die Mannheimer Akte, der als Mitgliedstaaten Deutschland, Belgien, Frankreich, die Niederlande und — als nicht zur Europäischen Union zählender Staat — die Schweiz angehören, nennt zur Etablierung eines einheitlichen Rheinschifffahrtsregimes als wichtigste Grundprinzipien die Freiheit und Gleichbehandlung der Schifffahrt einschließlich des Verbotes von Abgaben, die lediglich auf der Beschiffung gründen. Das Zusatzprotokoll Nr. 2 zu der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erstreckt die Behandlung, die die zur Rheinschifffahrt gehörenden Schiffe der Vertrags Staaten genießen, auf solche Schiffe, die zur Führung der Flagge eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft berechtigt sind. Auf diese Weise werden den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die gleichen Verkehrsrechte eingeräumt wie den Mitgliedstaaten der Zentralkommission. Weitere Grundsatze der Mannheimer Akte sind — die Gleichbehandlung der Schiffer und Flotten; — eine vereinfachte Zollabfertigung; — eine Verpflichtung der Anliegerstaaten zur Instandhaltung des Rheins; — eine Vereinheitlichung der Schiffssicherheits- und Schiffsverkehrsvorschriften; — eine einheitliche Gerichtsbarkeit für Schiffahrtsangelegenheiten und die Einrichtung von Rheinschifffahrtsgerichten; — die Einrichtung einer Kommission zur Überwachung dieser Grundsätze. Jegliche Behinderungen der Schifffahrt sind zu vermeiden oder zumindest möglichst gering zu halten, wie etwa natürliche Behinderungen, administrative, Steuer-, zollrechtliche oder wirtschaftliche Hemmnisse, sowie juristische oder verordnungsrechtliche Hemmnisse, Einheit des Rheinschifffahrtregimes und Gleichbehandlung. Kernziele ist unter anderem eine verbesserte Einbindung in das europäische Verkehrssystem durch Harmonisierung der Rechtsnormen, Liberalisierung der Märkte, Förderung der Schiffsicherheit und der Umweltverträglichkeit und Zusammenarbeit mit anderen im Bereich der Binnenschifffahrt tätigen internationalen Institutionen Über die Einhaltung der Prinzipien der Mannheimer Akte und die Weiterentwicklung des Rheinregimes wacht die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) mit Sitz in Straßburg. Sie hat die Rechtssetzungsbefugnis in schifffahrtspolizeilichen, verkehrsrechtlichen und technischen Fragen, von der in zahlreichen Regelwerken gebraucht gemacht wurde. Die Vorschriften werden in der Zentralkommission einstimmig beschlossen. Danach sind die Mitgliedstaaten gehalten, diese in dem festgelegten Zeitraum in nationales Recht umzusetzen. Die EU zieht zumeist mit inhaltlich gleichen Rechtsakten nach. Das Kompetenzverhältnis der EU zur ZKR und zur Donaukommission ist völkerrechtlich bisher nicht vollständig geklärt. Europarechtlich hat die MA gem. Art. 307 EG Bestand, doch beansprucht die EU — bestärkt durch die EuGH-Urteile zu den "open-skies" — Abkommen der EU-Staaten mit den USA — zunehmend eine weitausgreifende Verkehrsrechtskompetenz auch für den Binnenschiffsverkehr im Bereich der Flussregime Rhein und Donau und versucht, dies bei den anstehenden Neuverhandlung des Donau-Regimes durchzusetzen. Trotz eines gemeinsamen Kooperationsbekenntnisses zwischen EU 4ind ZKR aus dem Jahre 2002 nahm die EU kürzlich Verhandlungen mit der Schweiz zum Beitritt der EU zur ZKR auf, dessen Auswirkungen auflas Abstimmungsverhältnis der MA-Staaten kontrovers beurteilt werden. Der Vorschlag eines eigenständigen einheitlichen Europäischen Binnenschifffahrtsregimes (EBIN) wird von der Kommission, die die Errichtung einer EU- Binnenschifffahrtsagentur favorisiert, bisher weitgehend abgelehnt. V. WEITERE PARADIGMEN Wettbewerb ist mittlerweile nicht das einige Credo. Auf die mit dem Verkehrswachstum einhergehenden Probleme der Überlastung der Straßen, der Schädigung der Umwelt und der Unsicherheit im Verkehr reagierte die EU-Verkehrspolitik ab Mitte der Neunziger Jahre mit dem inhaltlich unscharfen Grundsatz der Nachhaltigkeit, der sich bereits auf UN-Ebene und auf einzelstaatlicher Ebene herausgebildet hatte. Es ging dabei nicht nur um Erzielung betriebswirtschaftlich optimaler Ergebnisse durch geringstmöglichen Ressourcenverbrauch. Eine nachhaltige Verkehrspolitik der EU sollte fortan darauf ausgerichtet sein, dass alle Verkehrssysteme den wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen der Gesellschaft entsprechen — möglichst auch unter Wahrung der sozialen Gerechtigkeit für die betroffenen Menschen. Dazu gehören der Schutz der Umwelt, die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit, die Förderung von Mindestnormen bei der Beschäftigung in dem Sektor sowie Schutz von Passagieren und Bürgern als Vertragspartner unter dem Aspekt der Vertragsgerechtigkeit, der Sicherheit und — seit kurzem — der Gefahrenabwehr. Die Politik der EU fordert dazu die Entwicklung und Einführung zukunftsorientierter innovativer Lösungen, die sich durch Energieeffizienz oder den Einsatz alternativer Energiequellen auszeichnen oder ausgereifte Großprojekte im Bereich des intelligenten Verkehrs unterstützen (z. B. GALILEO). Durch Beteiligung in den internationalen Organisationen und Förderung der heimischen Industrie erstrebt die EU globale Führungsrolle der EU bei der Entwicklung von Lösungen für den nachhaltigen Verkehr, in der Industrie sowie bei Ausrüstungen und Dienstleistungen. Dem sollen beispielsweise Regeln zu Lenk- und Ruhezeiten, Fahrerbescheinigung, Gurtzwang; Tachomat, Abgas- und Lärmgrenzwerten sowie die vorgesehene steuerliche Erleichterung und finanzielle Förderung von Investitionen in umwelt-freundliche Verkehrsträger Rechnung tragen. Hinzu kommt ein ausgefeiltes Reiserecht für Kunden bei Überbuchung oder Verspätung (Flug; Zug). Wirtschaftliche, soziale und ökologische Belange sollen gleichzeitig verwirklicht werden. Das klingt gut, scheint aber die Quadratur des Kreises. Die vorgenannten Maßnahmen wirken angesichts der gewaltigen Aufgabe eher punktuell und vereinzelt. VI. HALBZEITBERICHT UND NEUORIEMTIERUNG Das macht auch der diesjährige Halbzeitbericht der Kommission über die bisherige Umsetzung der verkehrspolitischen Vorgaben deutlich. Hier wird ablesbar, dass in Europa allmählich Realismus einkehrt. Lange galt die Verlagerung der Verkehrsströme von der Straße auf die Schiene und die Wasserwege als Patentlösung zur Bewältigung der wachsenden Transportströme. Inzwischen setzt sich anhand der jüngsten Zahlen der Marktanteile der verschiedenen Verkehrträger am Guter- und Personentransport die Erkenntnis durch, dass diese Vorgabe nicht zu halten ist. Die Kommission stützt diese Erkenntnis auch auf die Annahme, dass es bis 2020 nicht zur Kostenwahrheit im Verkehr kommen wird, dass es ohne weitere regulatorische Maßnahmen also nicht zur Internalisierung externer Kosten kommen wird. In Ihrer Halbzeitbilanz kündigt die EU-Kommission daher einen Kurswechsel an: Die Liberalisierung wird weiterverfolgt. Die Nachhaltigkeit wird weiterverfolgt. Neu ist: Zur Optimierung von wettbewerbsgerechter Effizienz und Nachhaltigkeit wird ein ganzheitlicher Organisationsansatz des Verkehrs- und Transportgeschehens verfolgt, der Effizienzgewinne von Multimodalität ausschöpfen soll. In. den Mittelpunkt der Verkehrspolitik gehöre die Förderung multimodaler, alle Transportwege einbeziehender Logistikkonzepte. Im Halbzeitbericht der EU findet sich die Ankündigung einer Reihe punktueller technischer, organisatorischer und rechtlicher Maßnahmen und Bewertungen, die den ganzheitlichen Organisationsansatz des transnationalen Transportgeschehens befördern sollen. Dazu will die EU durch ein Bündel von Maßnahmen beitragen: Nachhaltige Mobilität für den Bürger — zuverlässiger und sicherer Verkehr — Beschäftigung und Arbeitsbedingungen — Sicherung der Passagierrechte — Sicherheit des Transports und Verkehrs — Gefahrenabwehr — Stärkung des öffentlichen Nahverkehr Ausgewogene Bilanz von Verkehr und Energieverbrauch Optimierung der Verkehrsinfrastruktur durch — Erschließung aller Finanzierungsquellen zum Ausbau und zur Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur, — Einführung einer ausgewogenen Finanzierungsstruktur, — Einführung intelligenter Entgeltsysteme, — Intelligente vernetzte Mobilität und Verkehrslogistik unter Ausnutzung neuer Informationstechniken und intelligenter Verkehrssysteme. Ein "europäischer Aktionsplan für Logistik" soll Politik und Wirtschaft darauf verpflichten, Verkehrswege und Transportverfahren auf die Bedürfnisse moderner Logistik auszurichten und bestehende Verkehre zu optimieren. Offenbar verknüpft die EU wettbewerbsgerechte Effizienzgewinne mit der umfassenden Verfügbarkeit von Information über Transportkapazitäten und — Wege einerseits und transparenter und interessengerechter Nutzerfinanzierung andererseits. Ziel soll sein, dass die Nutzung von Verkehrswegen zu Preisen erfolgt, die die realen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Kosten von Waren und Dienstleistungen widerspiegeln. Dazu sollen einerseits die externen Kosten durch technische und organisatorische Optimierung verringert werden, andererseits aber auch die Nutzung der Straßen so lange verteuert werden, bis der Umstieg von Bürgern und Unternehmen auf alternative, preiswertere Verkehrswege erreicht wird. VII. AUSBLICK Die Schlussfolgerungen aus der vorgezeichneten Entwicklung des Verkehrswirtschaftsrechts überraschen: Die Forderung nach Freiheit der Märkte mundet zusehends in einen Zustand kontrollierter Freiheit. Zugang zu den Märkten, Wettbewerb auf den Märkten und Wettbewerb um die Markte, wird gefordert und ermöglicht. Zur Absicherung des freien Wettbewerbs, der Gleichheit der Betätigungsbedingungen und zur Absicherung von Nachhaltigkeit trifft der europäische Gesetzgeber jedoch ein enges Korsett von Regelungen. Zur Erreichung der Nachhaltigkeit als gesamtgesellschaftlichem Zweck leuchtet das ein, im Verhältnis zum Freiheitsgedanken weniger. So deutet sich ein Prozeß an, in dessen Verlauf sich die Politik der Gemeinschaft allmählich von der einseitigen Orientierung an Liberalisierung und Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zu einer stärkeren Berücksichtigung einer Lenkung der Verkehrsnachfrage und damit letztlich zu einem kontrollierten Wettbewerb hinbewegt. Dafür nimmt man ein Abrücken von der bisherigen Ausrichtung des Verkehrssystems am Ziel der Wettbewerbsoptimierung in Kauf. Aus dem gleichen Grund soll kombinierter Güterverkehrs gefördert werden, obwohl dies dem Prinzip des Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern nicht leicht zu vereinbaren scheint. Die Auseinandersetzung zwischen freiheitlich privatem Wirtschaften und staatlicher Daseinsvorsorge ist daher auch noch keineswegs abgeschlossen. Verlustbringende Infrastrukturkosten, Sicherungskosten und andere externe Kosten sind private Verkehrsträger zu zahlen nicht immer bereit oder nicht immer in der Lage. Der Staat hingegen finanziert durch Steuern quer und verschleiert die verlustbringenden Tatbestände. Jede Überwälzung der Finanzierungsaufgabe vom Staat auf den privaten Träger einer Verkehreinrichtung dürfte zu einer teils erheblichen Verteuerung der Transportleistung bzw. Infrastrukturnutzung oder aber zu einer Einschränkung der Transportleistung (Verkleinerung der Netze) führen. Die von der EU-Kommission nun geplante schrittweise Einführung der Nutzerfinanzierung auf allen Verkehrsmärkten unter strenger Einbeziehung externer Kosten, die durch die Nutzer verursacht werden, wird diese Verteuerung aber ebenso herbeiführen und den Staat bei seinem "outsourcing" unterstützen. Belastet wird der Endnutzer in beiden Fällen. Ein Dilemma wird sichtbar: Nutzerfinanzierung konzentriert die Belastung auf den wirklichen Nutzer und Kostenverursacher eines konkret genutzten Verkehrswegs. Das Modell erleichtert durch private Finanzierung, privaten Bau und privaten Betrieb die Schließung von Lücken und Engpässen. Die dadurch gewonnenen Mittel reichen für den Erhalt des ganzen Netzes freilich nicht aus. Wo wenig Verkehr herrscht, sind Einkünfte aus der Nutzerfinanzierung der teuren Infrastruktur gering. Die Einkünfte reichen nicht zur Deckung des Erhaltungsaufwandes. Eine Belastung der konkreten Nutzer mit dem Erhaltungsaufwand für das gesamte Netz ist nicht interessengerecht: wenige wurden dann Steuern für alle potentiellen Nutzer zahlen. Wo keine Gewinne generiert werden, wird sich der private Unternehmer zurückziehen. Ihn leitet nicht das Paradigma der Daseinsvorsorge. Das Netz wird verkleinert, es zerreißt. Private Trägerschaft und Nutzerfinanzierung großer Verkehrsinfrastrukturen (Straßen, Schienen) ohne jegliche staatliche Unterstützung erscheint daher fraglich. Es ist zur Zeit, nicht erkennbar, das die EU-Kommission das Paradigma staatlicher Daseinsvorsorge in prinzipiell nicht profitablen Bereichen der Wirtschaft oder Gesellschaft in gebührender Weise beachtet und alternativ dazu Modelle privater und staatlicher Mischfinanzierung konkretisiert. Bei Übernahme des Gemeinschaftsrechts (aquis communautaire) wie, auch bei jeder Rechtsangleichung sollten daher die dazu geführte Diskussion in Deutschland oder etwa in Frankreich wie auch "Fehlentwicklungen wie bei der englischen Bahnprivatisierung in den 906r Jahren unbedingt beachtet werden. Beachtung verlangt auch der Halbzeitbericht der EU: Das Paradigma der Effizienz durch Multimodalität ist nicht klar belegt. Im Halbzeitbericht der EU finden sich keine klare Aussagen über Wirkungsgrade und Effizienzgewinne dieser Maßnahmen (etwa zur Wirkung von Alternativroutennutzung oder Umschlagsaufwand bei Modalwechsel) getroffen werden. Wie so oft, ist der von der EU aufgezeigte Weg programmatisch und bedarf einer gewogenen Beurteilung mit Augenmaß |